Väter in Elternzeit – zwei Erfahrungsberichte

Wenn Männer in Elternzeit gehen, können sie auf ganz neue Gedanken kommen. Andreas Schebesta nutzte die Elternzeit, um sich beruflich ganz neu zu orientieren, Boris Kluska hätte gern mehr davon …

Andreas Schebesta (35)

Sein erster Sohn Felix kam 2004 auf die Welt. Da gab es noch kein Elterngeld. Schebesta ließ sich dennoch vom Job freistellen. Bei Tochter Lena (geb. 2007) nahm er zwölf Monate Elternzeit, beim dritten Kind, Tochter Nici (geb. 2012), drei Monate.

Vater Andreas mit Kindern

ERGO impulse.de: Herr Schebesta, wie haben Ihre Kollegen 2004 reagiert, als Sie angekündigt haben, nur noch Vater sein zu wollen?

Andreas Schebesta: Sie waren sehr überrascht. Damals habe ich noch in der Bank gearbeitet und war dort fast nur von Frauen umgeben. Die fanden das cool. Denn es war eher üblich, dass Mütter die ersten Jahre zu Hause bleiben. Ich habe Freunde und Bekannte, die haben sich die Elternzeit aus Karrieregründen nicht geleistet.
Als ich mit Felix in der Krabbelgruppe war oder mit ihm im Sandkasten auf dem Spielplatz saß, traf ich noch äußerst selten auf andere Väter. Das hat sich heute sehr verändert. Auch mein Zeitbudget für die einzelnen Kinder war unterschiedlich: Mit Felix war ich jeden Tag unterwegs. Ich hatte viel Zeit für ihn. Jetzt mit drei Kindern sind die Tage durchgetaktet. Meine Frau und ich koordinieren regelmäßig die Termine. Außerdem arbeite ich nun seit fünf Jahren selbstständig. Es wird nicht langweilig.

Was wurde aus ihrem Job in der Bank?

Schon in meiner ersten Elternzeit hatte ich den Bezug zur Bank im Grunde verloren. Stattdessen habe ich angefangen zu fotografieren und mich um meine Selbstständigkeit als Profifotograf gekümmert. Das war nicht geplant, denn ich bin quasi in meinen neuen Beruf hineingestolpert. Ein Event-Veranstalter einer WM-Location hatte mich 2016 einfach auf Fotos angesprochen. Diesen Job als Event-Fotograf habe ich dann Schritt für Schritt per „learning by doing“ ausgebaut.

Wie hat Ihre Familie darauf reagiert?

Meine Frau hat mich sehr stark darin unterstützt, mir den Rücken freigehalten, wenn ich zu Terminen musste. Oft war es so, dass ich mich tagsüber um die Kinder gekümmert habe und abends zum Arbeiten unterwegs war. Ohne ihre Hilfe hätte ich niemals mein Hobby zum Beruf machen können.

Vater in Elternzeit

Von heute auf morgen vom Bankmann zum Hausmann. Wie klappte das?

Ich fand den Wechsel damals klasse. Erst nach ein paar Jahren hat es bei mir Klick gemacht, nach dem Motto: Jetzt wird es Zeit für mich, wieder eigenes Geld zu verdienen. Es gibt Mütter, denen fällt schon viel früher die Decke auf den Kopf. Allerdings hatte ich durch mein berufsbegleitendes Studium auch andere Themen als nur Kinder im Kopf. Das hat mir sehr geholfen.

Was halten Sie vom Elterngeld?

Es war toll, drei Jahre für Felix und später nochmals so lange Zeit für Lena und Felix da zu sein zu. Das hat mich meinen Kindern noch näher gebracht. Die finanzielle Unterstützung hat uns natürlich sehr geholfen. Ich habe nicht in dem Umfang arbeiten können, wie ich wollte, da wir lange keinen Krippenplatz bekommen haben.

Auswirkungen auf die Altersversorgung

Bei der gesetzlichen Rente entsteht für einen der beiden Elternteile eine Lücke durch die Kindererziehungszeit. Denn obwohl beide in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, wird sie nur einem Elternteil gutgeschrieben. Väter mit Riester-Vertrag erhalten während der Elternzeit auch weiterhin die staatlichen Zulagen, sofern sie vier Prozent des Vorjahreseinkommens in den Riester-Vertrag einbezahlt haben. Während der Elternzeit fließt kein Gehalt in die betriebliche Altersversorgung. Beschäftigte können derweil aber eigene Beiträge zum Aufbau ihrer Betriebsrente leisten und nach der Elternzeit die vorherige Zahlung in der Regel zu gleichen Konditionen wieder aufnehmen.

Boris Kluska (47)

Hat 2014 neun Monate Elterngeld bezogen. Seine heiß geliebte Tochter Amira ist heute anderthalb.

Vater Boris mit Tochter

ERGO impulse.de: Herr Kluska, wie klappte bei Ihnen der Wechsel in die Elternzeit?

Boris Kluska: Ich bin selbstständiger Tonmeister. Viele Kollegen waren überrascht und eher skeptisch. Sie hätten es nicht gemacht – wegen der finanziellen Einbußen oder aus Angst vor dem Risiko, aus dem Geschäft zu fallen. Ich verstehe Leute, die keine Elternzeit nehmen, weil sie hinterher nicht wieder von ganz vorne anfangen wollen.

Und diese Ängste hatten Sie nicht?

Nein, für mich war das nur eine Frage der Organisation. Befreundete Kollegen haben in der Zeit meine Aufträge übernommen. Das hat gut funktioniert und ich habe keine Kunden verloren.

Gefiel Ihnen das Leben als Hausmann?

Mein Beruf hat technische und kreative Elemente, die waren auch in der Elternzeit gefragt. Ich könnte mir vorstellen, die nächsten fünf Jahre so weiterzumachen. Nur wird mir das niemand finanzieren. Ich muss zugeben, dass ich diese Zeit vermisse.
Es gibt immer mehr Menschen, die es wichtig finden, dass sie diese Erfahrung des Kindererziehens machen. Ich glaube, dass hier die soziale Kompetenz heute generell zugenommen hat.

Spaß in der Elternzeit

Wie haben Sie und Ihre Frau das gemanagt?

Meine Frau ist ebenfalls selbstständig. Deswegen konnten wir uns die Zeit oft so einteilen, dass wir uns beide gleichzeitig um die Kleine gekümmert haben. Das war fürs Kind super und für uns recht entspannt.

Beim Antrag ist bestimmt einiges an Papierkram zu erledigen ...

Ja, der Antrag besteht zwar aus wirklich vielen Seiten, aber ganz ehrlich ... ich hatte es mir schlimmer vorgestellt. Es ging eigentlich ganz gut. Du musst natürlich deine finanzielle Einnahmensituation sehr genau aufschlüsseln. Davon hängt die Höhe der Unterstützung ab.

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