Kleines Blutbild – Werte verstehen

Nicht einmal 0,5 Milliliter Blut sind notwendig, um eine ganze Menge Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand zu ermöglichen. Doch wie interpretiert man das kleine Blutbild richtig?

Seinen Namen erhielten das kleine und das große Blutbild zu einer Zeit, als ein Arzt noch mithilfe eines Mikroskops Blut untersuchte, das er auf einem kleinen Glasstreifen ausgestrichen hatte. Ein Tropfen reichte, damit er dieses „Bild aus Blut“ bzw. dessen Blutzellen beurteilen konnte. Zwar wird diese Arbeit heute zumeist von Maschinen übernommen, doch am grundsätzlichen Prinzip hat sich nichts geändert. Noch immer wird für für das große und kleine Blutbild Blut aus einer Armvene entnommen und im Labor auf seine Bestandteile untersucht. Dabei werden rote wie weiße Blutkörperchen, Blutplättchen und der rote Blutfarbstoff Hämoglobin auf Menge oder Form und Größe untersucht. Im Regelfall sind es acht verschiedene Werte, die im kleinen Blutbild untersucht werden und die teilweise aneinander gekoppelt sind.

Die Werte des kleinen Blutbildes und was sie aussagen:

Erythrozyten

Fachausdruck für die roten Blutkörperchen. Runde, scheibenförmige Gebilde ohne Zellkern, die den größten Anteil an den zellulären Blutbestandteilen stellen und die u. a. die Aufgabe haben, Sauerstoff zu den Organen zu transportieren. Der Erythrozyten-Wert kann durch einen kurzzeitigen Sauerstoffmangel, starken Flüssigkeitsmangel, Stress, harntreibende Medikamente, Fettsucht und regelmäßigen Nikotin- und Alkoholkonsum höher, durch Überwässerung niedriger werden.

Norm-/Referenzwerte (µl = Mikroliter (10-6 l))
Frauen: 4,1–5,1 Mio. Erythrozyten/µl
Männer: 4,5–5,9 Mio. Erythrozyten/µl

Mögliche Erklärungen für einen erhöhten Erythrozyten-Wert
• schwere chronische Lungen- oder Herzleiden
• Nierenerkrankung
• Tumore
• unkontrollierte Produktion von roten Blutkörperchen durch eine Erkrankung des Knochenmarks

Mögliche Erklärungen für einen zu niedrigen Erythrozyten-Wert
• Anämie

Hämatokrit

Gibt an, wie hoch der Volumenanteil von roten Blutkörperchen in einem Liter Blut ist. Der Hämatokrit-Wert wird durch die Masse der roten Blutkörperchen, deren Zellvolumen und vom Plasmavolumen bestimmt. Kann durch Flüssigkeitsverlust oder geringe Flüssigkeitszufuhr erhöht werden. Er ist bei Schwangeren und Leistungssportlern niedriger.

Norm-/Referenzwerte
Frauen: 34,7–44,7 %
Männer: 36,0–48,2 %

Mögliche Erklärungen für einen erhöhten Hämatokrit-Wert
• krankhafte Vermehrung der roten Blutkörperchen
• starker Flüssigkeitsverlust bzw. Austrocknung

Mögliche Erklärungen für einen zu niedrigen Hämatokrit-Wert
• chronische (Sicker-)Blutung
• Anämie
• Überwässerung

Hämoglobin

Roter Blutfarbstoff und Hauptbestandteil der roten Blutkörperchen. Er bindet Sauerstoff aus der Lunge, der zu den Geweben und Organen, sowie Kohlendioxid, das zurück zur Lunge transportiert wird. Der Hämoglobin-Wert verändert sich mit der Zahl der roten Blutkörperchen. Untersucht wird das gesamte im Blut vorhandene Hämoglobin als Diagnostik und Verlaufskontrolle von Anämien und abnormen Vermehrungen von roten Blutkörperchen. Der Wert kann durch Rauchen, Aufenthalt in höheren Lagen oder durch eine Schwangerschaft beeinflusst werden.

Norm-/Referenzwerte (dl = Deziliter (10-1 l))
Frauen: 12,0–16,0 g/dl
Männer: 13,5–17,5 g/dl

Mögliche Erklärungen für einen erhöhten Hämoglobin-Wert
• Vermehrung der roten Blutkörperchen bei schweren Lungen-, Herz- und einigen Nierenerkrankungen
• autonome Produktion von roten Blutzellen im Knochenmark

Mögliche Erklärungen für einen zu niedrigen Hämoglobin-Wert
• Blutverlust und andere Formen einer Anämie

Leukozyten

Das ist der Oberbegriff für die fünf Typen der weißen Blutkörperchen, die zusammen mit den im Blut gelösten Abwehrstoffen und mehreren Organen (z. B. Milz und Lymphknoten) das Immunsystem bilden. Die Leukozyten werden untersucht, um Infektionen, Entzündungen und andere Krankheiten zu bestimmen und deren Verlauf zu kontrollieren.

Norm-/Referenzwert (µl = Mikroliter (10-6 l))
4.000–10.000/µl

Mögliche Erklärungen für einen erhöhten Wert
• Infektionen v. a. bakterieller Natur
• entzündliche Erkrankungen
• Leukämie
• schwere Verletzungen
• Stoffwechselstörungen

Mögliche Erklärungen für einen zu niedrigen Wert
• Erkrankungen des Knochenmarks
• Viruserkrankungen

Laborwerte kleines Blutbild

Thrombozyten

Kleine, scheibchenförmige Blutbestandteile, die im Knochenmark gebildet und in der Milz abgebaut werden. Die Thrombozyten spielen eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung und bei der Gewebereparatur nach einer Gefäßverletzung oder Entzündung. Die Zahl kann direkt nach körperlicher Anstrengung um bis zu 50 % ansteigen.

Norm-/Referenzwerte
140.000–360.000/µl (µl = Mikroliter (10-6 l))

Mögliche Erklärungen für einen erhöhten Thrombozyten-Wert
• Infektionen
• Tuberkulose
• Verletzung, Operation oder Blutung
• fortgeschrittene Krebserkrankungen
• Leukämie und andere Knochenmarkserkrankungen
• Folge einer Milzentfernung

Erklärungen für einen zu niedrigen Thrombozyten-Wert
• Autoantikörper gegen Blutplättchen aufgrund von Erkrankungen oder Medikamenten
• Chemotherapie
• Knochenmarkserkrankungen
• Vitamin-B12- oder Folsäuremangel
• Milzvergrößerung
• Leberzirrhose
• künstliche Herzklappen

MCH

Kurz für „mean corpuscular haemoglobin“. Gibt den durchschnittlichen Hämoglobingehalt eines einzelnen roten Blutkörperchens an.

Norm-/Referenzwerte
28–33 pg/Zelle (pg = Pikogramm (10-12 g))

Mögliche Erklärungen für einen erhöhten Wert
• Vitamin-B12- oder Folsäuremangel

Mögliche Erklärungen für einen zu niedrigen Wert
• Eisen-, Kupfer oder Vitamin-B6-Mangel

MCHC

MCHC ist kurz für „mean corpuscular haemoglobin concentration“. Bezeichnet die mittlere Hämoglobinkonzentration aller im Blut befindlichen roten Blutkörperchen.

Norm-/Referenzwerte
33–36 g/dl (dl = Deziliter (10-1 l))

Mögliche Erklärungen für einen erhöhten MCHC-Wert
• hohe Konzentrationen von Kälteantikörpern im Blut
• angeborene Kugelzellanämie

Erklärungen für einen zu niedrigen MCHC-Wert
• Eisen-, Kupfer oder Vitamin-B6-Mangel

MCV

MCV ist kurz für „mean corpuscular haemoglobin volume“. Beschreibt das mittlere Zellvolumen der roten Blutkörperchen.

Norm-/Referenzwerte
80–96 fl (fl = Femtoliter (10-15 l))

Mögliche Erklärungen für einen erhöhten MCV-Wert
• Vitamin-B12- oder Folsäuremangel
• Mangelanämie unter Behandlung
• Alkoholmissbrauch, Leberzirrhose, Rauchen

Erklärungen für einen zu niedrigen MCV-Wert
• Eisen-, Kupfer oder Vitamin-B6-Mangel

Ziel des kleinen Blutbildes

Sinn und Zweck des kleinen Blutbildes ist es, Auffälligkeiten im Blut festzustellen. Für jeden dieser Werte gibt es Norm- bzw. Referenzwerte, anhand derer das untersuchte Blut beurteilt wird. Befindet sich in den Zellen beispielsweise zu wenig Hämoglobin, kann das auf einen Eisenmangel hinweisen. Ein Zuviel an roten Blutkörperchen könnte durch zu wenig Wasser im Körper verursacht sein. Sind hingegen mehr weiße Blutkörperchen als normal zu finden, könnte das ein Indiz für eine Entzündung sein. Doch nicht jede Auffälligkeit muss gleich eine Krankheit bedeuten. Haben sich Menschen gerade körperlich angestrengt, ist es völlig normal, wenn die Zahl der Blutplättchen über dem Durchschnitt liegt. Die Aufgabe des Arztes ist es daher, Abweichungen im kleinen Blutbild nicht nur zu erkennen, sondern auch richtig zu interpretieren und einzuordnen.

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Kleines Blutbild: Normwerte verstehen

Doch ganz so einfach ist der Vergleich mit den Normwerten nicht. Das fängt bereits damit an, dass aus methodischen Gründen jedes Labor seine eigenen Referenzwerte bestimmen muss. Diese sind unter anderem abhängig von der verwendeten Messmethode und dem verwendeten Vergleichskollektiv gesunder Personen aus großen internationalen Studien. Hinzu kommen potenzielle Fehlerquellen bei der Messung selbst: War die Probenentnahme fehlerhaft, kann dies die Messergebnisse verfälschen. Auch können die Werte von Labor zu Labor schwanken oder durch zu lange Transportzeiten, vielleicht auch eine falsche Lagerung beeinflusst werden. Aber selbst wenn keine Fehler vorliegen, haben die Ergebnisse des kleinen Blutbildes leider keine absolut sichere Aussagekraft. Alter, Geschlecht, Ernährungs- und Lebensgewohnheiten, aber auch psychische Faktoren, Medikamente, der Zeitpunkt der Entnahme oder die Höhenlage – all das kann Auswirkungen auf einzelne Werte haben. Und selbst bei völlig gleichen Voraussetzungen, sogar bei ein und demselben Menschen können von einem Tag zum nächsten Schwankungen im auftreten. Sollten deshalb Zweifel auftreten, wie Auffälligkeiten im kleinen Blutbild zu bewerten sind, sind manchmal eine Wiederholung des Tests oder auch weitergehende Untersuchungen sinnvoll.

Download: Laborwerte verstehen

Was sagen die einzelnen Laborwerte eines kleinen Blutbildes aus? Welche möglichen Erklärungen gibt es für einen erhöhten oder zu niedrigen Mittelwert? Downloaden Sie dafür jetzt unsere Checkliste:

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