Wenn die Heizung kalt bleibt: Welche Rechte haben Mieter?

Fällt die Heizung in der Wohnung aus, kann es schnell kalt und ungemütlich werden. Was muss der Vermieter tun und welche Rechte haben Mieter, wenn er seinen Pflichten nicht nachkommt?

Mindesttemperaturen in der Heizperiode

Vermieter müssen sicherstellen, dass die Heizung funktioniert und eine bestimmte Raumtemperatur in der Wohnung erzielt werden kann. Gesetzlich sind diese Werte jedoch nicht festgelegt. Es gibt allerdings Urteile, die hier eine Richtschnur bieten. So haben Gerichte entschieden, dass während der sogenannten Heizperiode, in der Regel  zwischen dem 1. Oktober und 30. April, zwischen 6:00 und 23:00 Uhr in den Wohnräumen 20 Grad und im Bad/WC 21 bis 22 Grad erreichbar sein müssen. Allerdings muss der Vermieter nicht rund um die Uhr diese Mindesttemperaturen garantieren. Im Zeitraum von 23:00 bis 6:00 Uhr genügen – je nach Gericht – auch 16 bis 18 Grad. Diese sogenannte Nachtabsenkung der Heizung ist erlaubt. Dies hat beispielsweise das Landgericht Berlin entschieden (LG Berlin, 26.05.1998, Az. 64 S 266/97).

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Pflichten des Vermieters

Vermieter müssen dafür Sorge tragen, dass Heizungsanlagen während der Heizperiode ausreichend Leistung erbringen, um die genannten Temperaturen erreichen zu können. Dies gilt übrigens auch für die Warmwasserversorgung. Denn hier muss zum Beispiel nach einem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Mitte zu jeder Zeit, also auch nachts, nach 15 Sekunden eine Temperatur von mindestens 40 Grad und nach 30 Sekunden von 55 Grad Celsius erreicht werden (Urteil vom 25.04.2018, Az. 7 C 82/17). Dies ist nicht nur eine Frage des Komforts. Es soll auch vor Legionellen und anderen Keimen in der Wasserleitung schützen. Legionellen vermehren sich bis etwa 55 Grad und sterben ab 60 Grad ab. Die Warmwasseranlage selbst sollte also 60 Grad schaffen, auch wenn das Wasser üblicherweise mit etwas geringerer Temperatur aus dem Hahn kommt. Warmes Wasser gilt als die Grundvoraussetzung für eine mängelfreie Mietwohnung. Ist eine Heizung defekt und der Vermieter reagiert nicht auf das Verlangen, dem Mangel abzuhelfen, verletzt er seine Pflichten, was eine Minderung der Miete begründen kann.

An kalten Tagen außerhalb der Heizperiode dürfen die Temperaturen auch tagsüber kurzzeitig auf 18 Grad sinken. Allerdings ist der Vermieter verpflichtet, die Heizung anzuschalten, wenn diese Temperatur länger als ein bis zwei Tage anhält oder gar noch weiter sinkt.

Pflichten des Mieters

Theoretisch ist der Mieter keineswegs dazu verpflichtet, seine Wohnung zu heizen. Er hat jedoch die Pflicht, mit seiner Wohnung sorgsam umzugehen und sie vor Schäden zu bewahren. Daher muss er gewährleisten, dass die Wasserrohre nicht einfrieren, die Schimmelbildung vermieden wird – und die Bausubstanz keinen Schaden nimmt. Um dies zu verhindern, ist ein ausgeglichenes Raumklima erforderlich. Die Wohnung darf deswegen weder zu kalt noch zu feucht sein. Das erreicht der Mieter durch sachgerechtes Heizen und Lüften. Besonders in der Übergangszeit ist das richtige Heizen von großer Bedeutung. Gelüftet werden sollte mehrmals täglich durch komplettes Öffnen möglichst aller Fenster – das sogenannte Stoßlüften. Zudem muss der Mieter einen Heizungsmangel oder gar -ausfall sowie weitere Schäden unverzüglich dem Vermieter melden. Denn nur so kann dieser rasch Abhilfe schaffen. Ohne eine solche Meldung besteht zudem kein Recht auf eine Mietminderung. Auch kann sich der Mieter schadenersatzpflichtig machen, wenn durch die unterbleibende Reparatur weitere Schäden entstehen, wie etwa eine Schimmelbildung oder ein Wasserschaden durch kaputtgefrorene Rohre.

Pflichten von Mietern und Vermietern

Der Mieter

  • sorgt durch Heizen und Lüften für ein ausgeglichenes Raumklima
  • vermeidet das Zufrieren von Heizungsrohren und Schimmelbildung
  • meldet dem Vermieter umgehend einen Heizungsmangel

Der Vermieter

  • stellt über leistungsfähige Heizungstechnik die angemessene Beheizung der Wohnung sicher
  • sollte per Telefon, E-Mail, WhatsApp etc. gut erreichbar sein
  • lässt Heizungsschäden so schnell wie möglich beheben
Frau sitzt vor einer Heizung

Wartungsarbeiten und Reparaturen

Im eigenen Interesse lassen die Vermieter von Wohnungen, Häusern oder Haushälften die Heizungsanlagen regelmäßig vom Fachbetrieb warten, um Schäden vorzubeugen. Wartungskosten für die Heiz- und Warmwasseranlage gehören laut Betriebskostenverordung zu den umlagefähigen Betriebskosten. Daher dürfen sie dem Mieter aufgelegt werden, wenn dies im Mietvertrag vereinbart ist. Dies gilt jedoch nicht für Reparaturkosten.

Gewährung und Einhaltung von Fristen

Melden Mieter einen Defekt oder kompletten Heizungsausfall, müssen Vermieter reagieren und falls nötig eine Fachfirma mit der Reparatur beauftragen. Ist ein Vermieter beispielsweise im Urlaub und eindeutig nicht erreichbar, muss keine Frist gesetzt werden. Dann kann der Mieter selbst im Notfall den Handwerker beauftragen und die Kosten dem Vermieter in Rechnung stellen – allerdings nur die Kosten, die erforderlich sind, um die Heizung notdürftig wieder zum Laufen zu bringen, und nicht mehr. Im Normalfall müssen Mieter dem Vermieter jedoch eine angemessene Frist setzen, die ihm genug Zeit gibt, zu reagieren. Was angemessen ist, hängt stark vom Einzelfall ab. Bei Minusgraden im Winter ist ein kürzerer Zeitraum angemessen, einige Tage sollten es aber schon sein. Erst nach Ablauf dieser Frist können Mieter selbst eine Firma mit der Behebung des Defekts betrauen und die Arbeiten dem Vermieter in Rechnung stellen. Es gibt jedoch immer ein gewisses Risiko, die Kosten selbst tragen zu müssen. Mieter sollten daher sicherheitshalber den Heizungsausfall – am besten unter Benennung von Zeugen – belegen können. Oft besteht ein weiteres Problem darin, dass Mieter ohne Mitwirkung des Vermieters Handwerkern mangels Schlüssel gar keinen Zugang zum Heizungsraum gewähren können.

Ist ein Schaden oder Defekt jedoch auf ein Fehlverhalten des Mieters zurückzuführen, haben Vermieter das Recht, die Kosten für die Reparatur vom Mieter zu verlangen.

Mietminderung bei Heizungsausfall

Funktioniert die Heizung während der Heizperiode nicht, kommt eine Mietminderung bis zur Behebung des Schadens in Betracht. Wichtig: Mieter müssen den Mangel durch eine Mängelanzeige unverzüglich dem Vermieter mitteilen und ihm eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung setzen. Ohne Mängelanzeige ist eine Minderung der Miete nicht möglich.

Je nach Einzelfall und Sachlage (u. a. Dauer des Heizungsausfalls) kann teilweise eine beträchtliche Mietminderung entstehen. Die Höhe wird von den Gerichten indes recht unterschiedlich bewertet; sie reicht von 20 Prozent – bei einer Raumtemperatur zwischen 15 und 18 Grad – bis zu 70 Prozent bei komplettem Heizungsausfall während anhaltender Minusgrade. Für eine Mietminderung um 100 Prozent müssen meist noch weitere Mängel hinzukommen, etwa ein Ausfall der Gas- und Wasserversorgung. Möglich ist eine Mietminderung auch, wenn sich die Temperatur nicht herunterregeln lässt. Ist die Heizung konstant zu heiß und verursacht deshalb hohe Kosten, kann dies ebenfalls einen Mangel an der Mietsache darstellen.

Rücksprache mit Anwalt vor Mietkürzung

Es empfiehlt sich, vor einer Mietkürzung einen Fachanwalt für Mietrecht zu kontaktieren. Sofern die Mietminderung zu hoch ausfällt oder grundlos ist, baut der Mieter einen Mietrückstand auf. Wird dieser zu hoch, hat der Vermieter die Möglichkeit, dem Mieter zu kündigen. Das zuständige Gericht prüft, ob überhaupt ein Recht auf Mietminderung besteht, und legt die Mietminderung im Einzelfall fest. Sind Gesundheitsschäden zu befürchten, da die Heizung im Winter über einen längeren Zeitraum nicht funktioniert und der Vermieter der Aufforderung zur Beseitigung der Mängel nicht nachkommt, kann der Mieter das Mietverhältnis fristlos beenden. Die Beweispflicht liegt allerdings bei ihm.

Besonderheiten der aktuellen Situation

Bleibt die Heizung kalt, weil der Energieversorger im Zuge von Versorgungsengpässen kein Gas mehr liefern kann, besteht grundsätzlich trotzdem ein Recht auf Mietminderung. Diese ist nicht von einem Verschulden des Vermieters abhängig. Ob sie dem Mietverhältnis dienlich ist, muss jeder Mieter selbst entscheiden. Die Mietminderung ist jedoch vom Gesetzgeber als Druckmittel gegenüber dem Vermieter konzipiert worden, um Mängel zu beseitigen – nicht, um Probleme des Energiemarktes abzufangen. Infolge der aktuellen Gaskrise ist denkbar, dass Gerichte die für Mieter noch zumutbaren Mindesttemperaturen in diesem Winter weniger streng handhaben und damit geringer ansetzen. Die Werte aus älteren Gerichtsurteilen sind hier nicht „in Stein gemeißelt“. Darüber hinaus gilt es auch bei der Fristsetzung zu beachten, dass es derzeit unrealistisch ist, Handwerker unverzüglich zur Behebung eines Schadens zur Verfügung zu haben. Auch diese Umstände können von den Gerichten berücksichtigt werden.

Einige Großvermieter werden in diesem Winter die Temperaturen in ihren Wohnungen mit Gasheizung senken – zum Beispiel nur nachts auf 17 Grad. Solche Temperatursenkungen sind noch im Einklang zumindest mit einem Teil der Rechtsprechung. Weniger als 16 Grad dürfen es jedoch auch nachts nicht sein.

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