Kündigung wegen Eigenbedarfs – Gründe genau prüfen

Eine bezahlbare Wohnung zum Wohlfühlen ist für viele Menschen ein kostbares Gut. Umso ärgerlicher ist eine Kündigung wegen Eigenbedarfs. Der Vermieter hat zwar ein berechtigtes Interesse, wenn er die Wohnung für sich oder seine Lieben benötigt, ist mit der Kündigung aber nicht immer im Recht.

Wann ist eine Kündigung wegen Eigenbedarfs erlaubt?

Laut Mietrecht darf ein Vermieter eine Mietwohnung nur für sich, nahe Verwandte und Familienangehörige wie Eltern, (Stief-)Kinder, Geschwister, Enkel, Großeltern, Nichten und Neffen oder Hausangestellte und Pflegepersonal wegen Eigenbedarfs kündigen. Ist der Vermieter eine juristische Person (z. B. Verein, AG, GmbH), kann diese keinen Eigenbedarf geltend machen, da sie nicht selbst einziehen kann. In bestimmten Fällen kann ein Unternehmen aber einen sogenannten Betriebsbedarf geltend machen, wenn es diese spezielle Wohnung zum Beispiel als Werkswohnung für einen bestimmten Mitarbeiter benötigt.

Doch es gibt auch Ausnahmen. Es kann etwa nicht wegen Eigenbedarfs gekündigt werden, wenn ein befristeter Mietvertrag vorliegt. Bei einem Eigentümerwechsel bleibt der Mietvertrag für eine Wohnung wirksam und der neue Eigentümer tritt in den Mietvertrag ein. Wird ein Mietshaus in Eigentumswohnungen umgewandelt, die einzeln verkauft werden, sind die Mieter durch eine Kündigungssperrfrist für mindestens drei Jahre vor einer Eigenbedarfskündigung geschützt. In allen anderen Fällen gibt es hingegen keine Kündigungssperrfristen für den neuen Eigentümer. Er kann ordentlich und fristgerecht kündigen. Dies kann er allerdings erst dann, wenn er selbst als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Eine vorherige Kündigung ist unwirksam, selbst bei einer Bevollmächtigung durch den Verkäufer.

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Wie muss die Eigenbedarfskündigung erfolgen?

In jedem Falle schriftlich. Formal muss das Kündigungsschreiben …

  • von allen Vermietern unterschrieben sein und sich an alle Mieter richten.
  • den geänderten Wohnbedarf nachvollziehbar begründen; anerkannte Gründe sind etwa eine Veränderung der Lebensumstände durch Hochzeit, Scheidung, Geburt von Kindern, Zusammenziehen von Partnern, Einzug von Pflegepersonal, Platzbedarf erwachsener Kinder oder Umzug wegen Wechsel des Arbeitsplatzes.
  • die Bedarfsperson, die die Wohnung nutzen wird, am besten mit Namen, Alter und Anschrift nennen.

Übrigens gelten auch bei Eigenbedarf gesetzliche Kündigungsfristen: mindestens drei Monate, ab fünf Jahren Mietverhältnis sechs Monate und bei mehr als acht Jahren Mietdauer neun Monate. Wem eine Eigenbedarfskündigung ins Haus flattert, der sollte bei Bedenken oder Unklarheiten den örtlichen Mieterverein oder einen Rechtsanwalt kontaktieren.

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Härtefall? Notfalls Widerspruch einlegen!

Nach Mietschulden ist Eigenbedarf statistisch der häufigste Kündigungsgrund in Deutschland. Doch es gibt Härtefälle, in denen dem Mieter eine Kündigung nicht zumutbar ist. Hier haben Mieter die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen! Diese Fälle können beispielsweise sein:

  • hohes Alter
  • Krankheit
  • Behinderung
  • Schwangerschaft
  • tiefe Verwurzelung mit dem Umfeld (z. B. bei Kombination aus Alter und Wohndauer)
  • drohende Gefahr für Leben bzw. Gesundheit infolge eines Auszugs
  • anstehende Examensprüfung

Gründe wie hohes Alter oder tiefe Verwurzelung in der Umgebung reichen seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2019 jedoch allein meist nicht mehr aus, um einen Härtefall zu begründen. Meist müssen mehrere Gründe zusammenkommen, die vor Gericht genau geprüft werden. Bei medizinischen Härtefällen sollen die Gerichte seitdem auch medizinische Sachverständige hinzuziehen.

Der Widerspruch muss laut § 574b BGB spätestens zwei Monate vor der Beendigung des Mietverhältnisses schriftlich erklärt werden. Auf die Möglichkeit des Widerspruchs und auf diese Frist muss der Vermieter den Mieter rechtzeitig hinweisen – wenn nicht, ist ein Widerspruch sogar noch im ersten Gerichtstermin des Räumungsrechtsstreits möglich. Bei einem Widerspruch sollten sich Mieter rechtzeitig fachkundig beraten lassen. Sollte die Kündigung des Vermieters hingegen gar keine Gründe enthalten, müssen Mieter auch nicht widersprechen: Dann ist sie rechtlich unwirksam.

Kündigung wegen Eigenbedarfs

Welche Sonderregeln gibt es bei Eigenbedarfskündigung?

Auch ohne den Status Härtefall können Mieter Schutz vor einer Eigenbedarfskündigung genießen oder im Ernstfall zumindest Zeit gewinnen. Drei Konstellationen:

Kündigung wegen Eigenbedarfs bei Eigentümerwechsel

Im Zuge eines Eigentümerwechsels ist die Kündigung nur dann wirksam, wenn der neue Eigentümer schon im Grundbuch eingetragen ist. Tipp: beim örtlichen Grundbuchamt gegen Vorlage des Mietvertrags Einsicht ins Grundbuch nehmen. Das bringt zumindest einen Zeitgewinn.

Verlängerung der Räumungsfrist

Für den Fall, dass man zu spät Widerspruch eingelegt hat oder mit diesem vor Gericht scheitert: Ein Räumungsrechtsstreit bietet die Chance auf Erteilung sowie Verlängerung einer Räumungsfrist. Diese darf insgesamt maximal ein Jahr betragen und muss vom Mieter beantragt werden. Ob das Interesse des Mieters am Verbleib in der Wohnung höher zu bewerten ist als das des Vermieters an der Räumung, entscheidet dann das Gericht.

Vollstreckungsschutz

Als Ultima ratio kann der Vollstreckungsschutz greifen – wenn denn die Zwangsräumung nach § 765a der Zivilprozessordnung „eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist“. Dies wäre beispielsweise gegeben, wenn Leben und Gesundheit des Mieters oder eines Angehörigen durch die Räumung ernsthaft bedroht sind.

Finanzielle Entlastung bei Kündigung wegen Eigenbedarfs

Besser und billiger als ein Rechtsstreit für beide Seiten ist eine einverständliche Lösung. Mit einem Aufhebungsvertrag können beide Parteien auch unabhängig vom Eigenbedarf den vorzeitigen Auszug vereinbaren. Der Vermieter übernimmt dafür z. B. Umzugskosten des Mieters. Anspruch auf Schadensersatz hat ein Mieter in zwei Fällen: bei vorgetäuschtem Eigenbedarf (wenn z. B. nicht die bei Kündigung angegebene Person in der Wohnung wohnt) sowie bei einem nach der Kündigung entfallenen und dem Mieter nicht angezeigten Eigenbedarf.

Kündigung wegen Eigenbedarfs im Mietvertrag ausschließen

Der beste Weg allerdings, Sorgen und Ärger rund ums Thema Eigenbedarfskündigung zu umgehen, ist deren Ausschluss. Mit Einverständnis des Vermieters kann ein Kündigungsverzicht in den Mietvertrag aufgenommen werden, welcher den Mieter auch nach einem Eigentümerwechsel schützt.

Kündigung von Mietverträgen in der Corona-Krise

Der Bundestag hat am 25. März 2020 ein Gesetzespaket beschlossen, um Mieter während der Corona-Krise vor einer Kündigung zu schützen. Können Mieter wegen finanzieller Probleme im Zusammenhang mit Corona ihre Miete zwischen April und Juni 2020 nicht zahlen, dürfen Vermieter ihnen jetzt nicht kündigen. Die Miete muss bis Ende Juni 2022 nachgezahlt werden. Aus anderen Gründen, also auch wegen Eigenbedarfs, dürfen Vermieter den Mietvertrag jedoch durchaus kündigen.

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